Chai Chillum Chapatti
Das Leben am Fuss des Himalayas
Dienstag, 11. Mai 2010
Um nochmal auf die Hühner zurückzukommen, also das war so:

Gestern war seit langem unser erster Tag allein im Haus. Sonntag Nachmittag ist unser letzter Gast gefahren. Es war schon komisch auf einmal gar niemanden um sich rum zu haben, aber auch einmal wieder schön, ganz für sich zu sein.

Unser Guesthouse ist eigentlich gar kein richtiges Guesthouse, wir haben nur zwei Zimmer, aber da es ein Haus ist und wir ein Zimmer an Gäste vermieten ist es eben auch doch irgendwie ein Guesthouse.

Also waren wir gestern bei unserer Nachbarin Champa zum Chai eingeladen. Wir sassen gemütlich auf ihrer Terrasse und plauderten, als ein Mann mit einem Riesenkorb auf dem Kopf banlanzierend um die Ecke kam. "Oh, der Hühnermann, wollt ihr Hühner kaufen?" fragte uns Champa.
Tatsächlich hockten in dem grossen Korb unzählige braune und graue piepsende Kücken, die ihre Köpfe durch das Netz steckten, das den Korb bedeckte. Der Assistent des Hühnermannes half ihm den Korb vom Kopf runterzuheben, damit wir sie uns von Nahem ansehen konnten. Die waren schon niedlich! Eigentlich wollte ich schon immer Hühner haben. Schon in Spanien hatte ich immer gesagt, dass wenn ich einmal ein Haus hätte, ich unbedingt drei Hühner haben wolle. Hühner sind doch nette Wesen und ausserdem legen sie leckere Frühstückseier.
"Was kosten die denn?" wollte Champa wissen. "30 Rupien das Stück." (das sind ca. 50 cent)
"Viel zu teuer!" meinte Champa und tat so, als sei sie nicht weiter interessiert. Am Ende wurde der Preis auf 25 Rupien runtergehandelt und so waren Champa und wir nun stolze Besitzer von jeweils vier plüschigen Kücken. Moti und Neela, unsere Hunde, waren ganz aufgeregt, und dachten wohl, dass das was da im Karton rumkratzt heute Abend auf den Tisch kommt. Das müssen wir denen ersteinmal beibringen, dass die Hühner unsere Freunde sind, und nicht gefressen werden dürfen! Ob das wohl unser unmöglicher Kater auch verstehen würde? Das ist nämlich ein ganz Wilder, klaut regelmässig aus der Küche wenn man nicht aufpasst, hat schon mehrere Vögel gefangen und gefressen, und eine ganze Mäusesippe, die wohl bei uns in der Nähe gehaust hat, an einem einzigen Abend ausgerottet. Mit einem Skorpion hat er auch schon rumgespielt, den haben wir ihm dann aber vorsichtshalber doch weggenommen. Den Kater haben wir vor einem halben Jahr übrigends auch von Champa adoptiert. Er war ein Waisenkind, gerade einmal 3 Wochen alt und noch viel kleiner als die Kücken. Champa war davon überzeugt er sei eine Katze und hat ihn Pushpa getauft. Pushpa bedeutet Blume in Sanskrit. Nun hat unser Kater eben einen Mädchennamen. Dabei dachte ich mir das schon, den rote Katzen sind normalerweise nie weiblich. Hoffentlich hat das mit den Hühnern besser hingehauen und ich hab nachher nicht 4 Hähne, die uns morgends um vier krähend aus dem Bett schmeissen. Daheim angekommen, kam ich auf die geniale Idee Pushpa ein Kücken vor die Nase zu halten und ihm zu erklären, dass das nicht gefressen werden darf. Noch bevor ich erste Wort herausbrachte, hatte Pushpa schon wortwörtlich in das Kücken gebissen. Unglaublich! Ich schrie und jagte Pushpa zum Teufel. Er liess das Kücken, das wir Patty getauft hatten, los und versteckte sich. Das Kücken rannte ganz verstört hin und her. Als wir es endlich eingefangen hatten, sahen wir, dass es ziemlich stark am Hals blutete und Pushpa mit seinen Reisszähnen ein Loch durch einen Knochen gebohrt hatte. Armes Ding! Kein gutes Karma! Bin ich nun ein Kückenmörder? Schnell in die Küche, Gelbwurzpulver holen und auf die Wunde drauftun. Das stoppt die Blutung und wirkt antiseptisch.
Baba, das ist mein Mann, machte sich daran einen Hühnerstall zu bauen. Baba is ein Baba (Sadhu) und heisst komplett Baba Tilak Nath, aber alle nennen ihn einfach nur Baba.

...falls es jemanden interessiert, hier ein Link zum Thema Baba:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sadhu

Hühnerstall bauen ist gar nicht so einfach, vor allem, wenn man nicht genügend Material da hat. Die Kücken würden wohl die Nacht im Karton verbringen müssen. Abends sperrten wir alle anderen Tiere weg, und die Kücken durften im Wohnzimmer rumrennen. Patty war ganz schön hart im Nehmen. Dafür, dass sie nun ein Loch im Hals hatte, schien es ihr richtig gut zu gehen, sie flitzte mit ihren Geschwistern um die Wette, scharrte und pickte. Vielleicht wächst das Loch ja wieder zu.