Chai Chillum Chapatti
Das Leben am Fuss des Himalayas
Mittwoch, 12. Mai 2010
Nach dem Aufstehen habe ich als erstes nach Patty geschaut. Alle Küken schienen die Nacht im Karton gut überstanden zu haben. Patty sah zwar nicht wirklich fit aus, aber sie lebte.

Ich bin ja relativ spät aufgestanden, acht Uhr. Normalerweise ist die Nacht um 6 Uhr zu Ende, denn dann wollen die Hunde raus. Doch Baba hatte sich erbarmt aus dem Hochbett zu klettern und alle rauszulassen, um dann noch eine Runde weiterzupennen. Ich hätte ja liebend gerne draussen eine Hundehütte, aber das geht leider nicht, wegen den Leoparden. Die fressen nämlich jedes Jahr ca. 20 Hunde hier im Dorf.

Die Frau, die uns jeden Tag das Trinkwasser von einem 1,5 km entfernt gelegenen Quellbrunnen holt war schon da, und hatte den Kanister vor die Tür gestellt. Unsere Milch war auch schon da, die kommt auch jeden Tag frisch von der Büffelkuh. Also erstmal Kaffee machen und die Milch abkochen. Endlich habe ich dazu gelernt und bleibe nun neben dem Milchtopf stehen, bis sie kocht, denn die Milch wartet nur darauf, dass ich mal kurz was anderes mache, um dann in aller Ruhe überzulaufen und die ganze Küche zu verdrecken. Oh, heute Lust auf Müsli mit Joghurt und Honig! Leider hatte ich das letzte Mal vergessen den Deckel richtig auf das Honigglas zu schrauben und zu meinem Entsetzen klebte eine gesamte Ameisenkolonie in meinem leckeren ayurvedischen Honig. Manno! Ach, egal, Ameisen rausfischen und rauf damit auf´s Müsli!

Dann beschloss ich die Hühner im Wohnzimmer rennen zu lassen. Sie taten mir Leid in diesem Karton. Ich stellte fest, dass ich eine immer mehr sentimentale Beziehung zu ihnen aufbaute. Ob das wohl daran lag, dass ich die ganze Zeit an den Film Chicken Run denken musste? Kater und Hunde sperrte ich aus, um weiteren dramatischen Zwischenfällen vorzubeugen. Patty blieb im Karton sitzen, die anderen rannten Fliegen hinterher. Sehr praktisch, dachte ich. Diese hartnäckigen Fliegen schienen nämlich sogar gegen meinen deutschen Fliegenfänger immun zu sein und nervten ungemein.

Baba war inzwischen mit dem Motorrad los, um Material für den Stall zu besorgen. Nach einer Weile sperrte ich die Kücken ins Badezimmer, da konnten sie solange rumrennen, bis der Stall fertig sein würde. Patty kam dort dann doch noch aus dem Karton, schien aber ihrem Gesichtsausdruck nach lieber in einer Ecke zu meditieren, als hühnerartigen Tätigkeiten nachzugehen.

Nach den Hausarbeiten widmete ich mich meiner neuen Einkommensquelle: Recycling Art mit Coladeckeln. Zuerst die Deckel flach hämmern, dann das Gummi der Innenseite rausfummeln, danach bemalen und dekorieren und daraus dann ein Mobile basteln. Hätte ich ja nie gedacht, aber ich habe tatsächlich schon die ganze Kollektion verkauft, und zwar an einpaar Spanier, die hier waren und mit denen wir uns angefreundet hatten. Die veranstalten in Madrid in ihrer Bar so eine Art Bazar für karitative Zwecke. Die meinten, wenn sich das gut verkauft, muss ich mehr davon schicken. Supi! Also ran an die Arbeit!

Baba kam und kam ewig nicht zurück. Als er dann endlich strahlend in der Tür stand, meinte er ganz stolz: „Ich hab gerade unseren ganzen Yak Käse an einen reichen Typ aus Goa verkauft!“ Juhu! endlich hatten wir das Ding los, bevor es anfängt zu schimmeln. Das war unsere andere Einkommensquelle, der Yak Käse. Doch der hatte sich dann doch nicht so gut verkauft wie wir dachten. „Schön, und wo ist der Kram für den Stall?“ wollte ich wissen. Denn das wäre doch einmal wieder typisch Baba gewesen, geht was erledigen und kommt dann mit was ganz anderem zurück. „Hab ich oben in Batschi´s Shop gelassen, hol ich nachher.“ „Ach so. Gut!“ also kein Grund um ärgerlich zu werden.

Leider hat Baba den Rest des Abends gekotzt und ich musste den Stall selber fertigbauen. Bin ganz stolz, das Ding steht!