Chai Chillum Chapatti
Das Leben am Fuss des Himalayas
Freitag, 21. Mai 2010
Gestern war kein besonders spektakulärer Tag. So ein Tag, an dem man nicht genau weiss, was man mit sich anfangen soll und sich die grossen Fragen des Lebens stellt: Warum bin ich auf der Welt, und wo komme ich her....
Das Highlight des Tages war, dass ich oben mit Baba bei Batschi´s Shop war und diesen myseriösen steinreichen Goamenschen kennengelernt habe. Es war 10 Uhr morgends, und er hatte schon eine kleine Flasche Whisky halb leer. Er labert ziemlich viel, wohl generell, und erinnert mich schwer an einen Oompa-Loompa. Was der wohl vor hat? Da muss doch was im Busch sein, oder warum bindet er jedem auf die Nase, dass er stinkreich ist und ihm halb Goa gehört? Hmpf. Ja, die Hochzeits Saison hat wieder angefangen, und die Paraden, die mit Dudelsäcken (Dankeschön an die Briten) und betrunkenen tanzenden Männern an uns vorbeizogen waren recht unterhaltsam und ausserdem eine gute Ausrede um sich vom Monolog ablenken zu lassen. Morgen kommt eine Ziege in den Topf. Goamensch hat alle bei Batschi eingeladen. „Kauf und koch, ich zahl!“




Donnerstag, 20. Mai 2010
Ein Kücken lag morgens tot im Stall. Es war Champa.... hatte verstopfte Nasenlöcher. Kann man an so etwas sterben? Baba kam von seiner morgendlichen Dorfrunde zurück, mit einem Karton unter dem Arm. Und was war drin? Sieben Kücken! Was machen wir nur mit sovielen? Vielleicht als Reserve, falls (hoffentlich nicht!) noch weitere in den Hühnerhimmel aufsteigen und dann als Königsadler wiedergeboren werden.
Die Hochzeitssaision hat wieder angefangen. Vom Dorf unten düdelt verzogene, traditionelle Kumaoni Musik zu uns hoch. Besoffene Männer gröhlen und stolpern die Treppe runter, die an unserem Haus vorbeiführt. Wie war das noch? Den Asiaten fehlt ein Enzym um den Alkohol abzubauen, oder so. Die Musik ist vergleichbar mit Modern Talking: Kennst Du ein Lied, kennst Du alle....




Dienstag, 18. Mai 2010
Sonntag war also Jam Session. Seit dem fühen Morgen rannte ich rum, wie ein aufgescheuchtes Huhn. Seit wir Hühner haben, verstehe ich auch, wie diese Redewendung zustande gekommen ist. Ich gackerte, scharrte und schüttelte mich genauso wie sie. Das ist bei jeder Jam Session so. Putzen und Kochen, wie wild. Frag mich, warum ich immer so nervös werde, wenn doch immer alles ganz reibunglos über die Bühne geht.
Auf unser Plakat hatten wir ab 16 Uhr geschrieben. Irgendwann um 6 erschien dann Patrick als erster. Er hatte wieder von seinem Charas-Ghee genascht und wartete gespannt darauf, dass der Effekt einsetzte. Jedesmal wenn er kommt fragt er, wann wir denn nun endlich die Hühner braten. „Nix braten, Eier legen!“
Die Musik lief aus dem Ipod, war ja keiner da zum jammen. Wir sassen mit Patrick im Wohnzimmer und tranken Vodka mit Limca. Zwei Stunden später oder so, erschien dann Dominic. „Ich war grad bei der Rainbow Family, keine Ahnung, ob die kommen.“
Die Rainbows sind ein Peace and Love New Age Hippiemovement, dass in den 60ern in den USA begonnen hat. Nicht materialistisch, mit dem Minimum leben usw.... aber HA! Seh die andauernd Schoko-Milchshake schlürfend im Mohan´s sitzen! Naja, sind sehr nette Menschen, tun keinem was, und sind ausserdem äusserst kreativ und musikalisch. Dank ihnen wurde die letzte Jam tatsächlich zur Jam, denn es wurden kräftig Rainbow Songs eingestimmt.
Ich persönlich, habe mittlerweile eine Art Scheu zu sämtlichen Kollektiven entwickelt. Schliesslich geht es doch nur darum ein glücklicher und respektvoller Mensch zu sein. Denn wenn man selber glücklich ist, kann man auch andere glücklich machen und dazu braucht man nicht unbedingt ein Kollektiv. Ausserdem ist auf die eine oder andere Art und Weise immer das (spirituelle) Ego präsent. Komm ich nicht mit klar. Ich versuche z.B. Menschen mit einer tollen Zeit bei uns Zuhause glücklich zu machen.
So, nun waren wir also schon zu viert. Dann kam Giancarlo, ein guter Italienischer Freund, mit dem wir hier früher monatelang das Guesthouse teilten, in dem wir lebten bis unser Haus fertig war, gefolgt von einer Truppe von Israelis. Die Israelis wohnten im selben Guesthouse wie er. Sie liessen sich auf den Matratzen auf der Terrasse nieder und bestellten Essen und Getränke. Alle waren sehr begeistert von all unserem leckeren Essen. Das freut das Herz! Dominic lobte uns besonderst für die Kanarischen Kartoffeln mit den Dipps. Baba und ich waren in der Küche am machen und tun.
Diese hier waren äusserst nette und zuvorkommende Israelis, sie schienen aktiv gegen dien sonst so schlechten Ruf der Israelis anzukämpfen, indem sie sich besonders höflich und gesellig verhielten. Von Guesthousebesitzern wegen ihrer Intoleranz und unersättlichen Partylust gefürchtet, gibt es nicht selten einen Tarif für „normale“ Touristen, und einen Höheren für Israelis. Diskriminierung! Hier war also eine nette Truppe zusammengekommen, und als alle satt waren, schlug Baba vor einen Film zu schauen. Spielte ja sowieso keiner Musik. Also mutierte die Jam Session kurzerhand zur Movie Session, auch gut!