Chai Chillum Chapatti
Das Leben am Fuss des Himalayas
Dienstag, 25. Mai 2010
Der Grund, warum ich hier etwas hinterher hänge ist die "Electric City". Fiel aus, dank einem ziemlich heftigen Sturm, und kam auch bis heute Nachmittag nicht wieder. Toll! Ich war alleine zu hause und musste im Sturm Hühner retten und Blumentöpfe einsammeln. Es war fast so wie beim Zauberer von Oz, und mich wunderte, dass keine Kühe oder Affen durch die Luft wirbelten.

Am Samstag kamen zwei Gäste zur Jam Session. Sie hatten wohl nicht mitbekommen, dass wir den Event auf Sonntags verlegt hatten. Naja, trotzdem willkommen. Sie sind zum Essen geblieben, ich habe lecker Chapatti und Paneer Gemüse gekocht, und so kam ein bisschen etwas in die Kasse.

Die tatsächeliche Jam Session am Sonntag war alles andere als eine Jam Session, denn keiner hat Musik gemacht. Tja, so ist das, die Saison ist zu Ende, kaum noch Touristen hier. 5 Leute waren gekommen. Darunter Dominic, Patrick und Giancarlo, die zählen ja fast nicht, sind ja eigentlich Freunde. Ausserdem kamen dann noch die beiden, die am Vortag zur Jam erschienen waren. Robert, ein Brite, der in Goa ein Restaurant hat und Jonas, ein Norweger, der ganz fesch Lunghi und norwegischen Wollstrickpullover kombiniert. Die Kichererbsen warteten vergebens im Mixer um zu Hummus verarbeitet zu werden. Kein Strom, kein Mixer und Hummus schmeckt einfach besser, wenn er im Mixer gemacht wird. Dafür hatten die beiden Cannabis-Nachtisch mitgebracht. Eine Art Browniemasse, die sehr gesund nach Schokoladen Müsli Riegel geschmeckt hat. Der Effekt war eine schleppende Müdigkeit. Wie Robert so schön sagte "Effekt starker Erdanziehungkraft". Und sie sassen wie am Vorabend bis nach ein Uhr nachts bei uns, während mir die Augen fast zufielen und Baba selig auf dem Boden schnarchte. Was für ein Image für unser Restaurant!




Sonntag, 23. Mai 2010
Es war ein ziemlich sozialer Tag. Morgends kam Patrick vorbei, und beschloss kuraerhand bei uns Ziege zu kochen. Patrick ist nämlich überzeugter Nicht-Vegetarier, kann aber nicht zuschauen, wenn ein Huhn geschlachtet wird. Der französiche Gourmet..... Es kam also doch noch Ziege in den Topf. Baba war mit Giancarlo, wegen seiner üblen Ohreninfektion zum ayurvedischen Arzt gefahren, und brachte dann das Material mit. Das Ding kochte stundenlang im Dampfkochtopf. Diesmal hatte es mir sogar geschmeckt, oder war ich vielleicht nur ausserordentlich hungrig? Vollgefressen, wie ein Bär vor dem Winterschlaf, hingen wir vier noch einige Stunden faul herum, bis sich die kleine Gesellschaft schliesslich auflöste.

Unser guter Freund Ramesh, den wir aus Rishikesh kennen,und Jason, ein amerikanischer Baba, hatten sich für den abend angemeldet. Sie trudelten nach einer 2-stündigen Reifenpanne gegen 11 Uhr nacchts bei uns ein. Sie hatten einen Fahrer angeheurert, der sie 2 Tage lang durch die Gegend fuhr. Jason hatte, schätze ich, vor kurzem geerbt und plant hier in der Gegend einen Ashram zu bauen. Also würden sie am frühen Morgen wieder abhauen um ein Grundstück zu bersichtigen. Ein kurzer, aber sehr netter Besuch. Wir kamen alle ziemlich spät ins Bett. Der Fahrer übernachtete bei Jason im Zimmer und Ramesh auf der Couchbank. Verkehrte Welt, sollte das nicht andersrum sein?




Samstag, 22. Mai 2010
Der Schock des Tages:
Blutiges Massaker im Hühnerstall! Ich dachte morgends noch „ohh, die schlafen ja noch!“ Ja, und wie tief! Der Marder war da, hat es irgendwie geschafft sich unter dem Gitter durchzuquetschen und dann hat er alle 9 Kücken ausgesaugt und nur deren Köpfe gefressen. ARSCHLOCH! So sassen Baba, die zwei Hunde, der Kater und ich erstmal geschockt und ratlos vor dem Hühnerstall. Wieder etwas dazu gelernt. Es leben mehr wilde Wesen da draussen, als man sich so denkt. Ich hätte eher erwartet, dass die Leoparden einen unserer Hunde fressen. Nachdem wir die Kadaver verbrannt haben sind wir in die Stadt runtergedüst und auf dem Markt sahen wir ganz süsse, richtige Farmkücken, konnten nicht widerstehen und haben einen Karton voll mitgenommen. Die anderen Küken waren nämlich Pseudo-Farm-Kücken, denn wir stellten irgendwann einmal fest, dass die der Chickenman einfach nur angemalt hatte. Mit Henna oder so wahrscheinlich. Aber hier wundert mich gar nichts mehr, nachdem mir der Tierarzt auf Anfrage für die Sterilisation der Hündinnen die Pille für den Tag danach in die Hand gedrückt hatte. Unwanted 72 stand da drauf... fies... Auf dem Rückweg kam uns der Oompa-Loompa mit seinem Freund auf dem Motorrad entgegen gefahren. „Wir fahren in die Beeeergeeee“ Soviel zum Thema Ziegeneintopf. Auch gut, mag ich nämlich nicht besonders.

Oben an der Hauptstrasse, wenn man das so nennen kann, war der Hochzeitstrubel full on. Die Frauen in ihren schönsten Sarees, bezaubernd, die Männer, alle zusammen strunzbesoffen. In Europa ist mir das nicht so aufgefallen, aber hier führen sie generell lautstarke Selbstgespräche. Gut, dass ich so gut wie nichts verstehe, mit Gelalle noch weniger. Und dann liegen am Strassenrand links und rechts Alkoholleichen. Dass die sich nicht schämen, in so einem kleinen Dorf, wo jeder jeden kennt! Kann mich schon einmal an den Anblick gewöhnen, denn bald sind irgendwelche Wahlen, bei denen die Wähler mit Alk umworben werden. Seufz!

Baba blieb noch oben sitzen und ich ging heim. Auf dem Weg wurde mir ein Kind von zwei Männern anvertraut. „Gehst doch runter ins Dorf, oder?“ „Yes“ „Gut, bring die mal Heim“ Ich wohne jedoch am Anfang vom Dorf und das Mädchen ganz unten. Wusste ich aber nicht. Also, den meisten Kindern hier fehlt eine gehörige Portion Selbstvertrauen, war sehr nett zu ihr, habe sie nach ihrem Namen gefragt usw. NIX. Stumm, wie ein Fisch. Aber den Kaugummi hat sie sich gleich in den Mund gesteckt. So, den steilen Weg ins Dorf runter, bei mir am Haus vorbei, 2 km noch. Pushpa der Kater ist auch mit uns runter. Mann, so ein schönes Dorf! Dank dieses kleinen Mädchens lernte ich endlich einmal die Dorfidylle im Sonnenuntergang kennen, mit den kleinen Kumaoni Häusern, den Dorftempeln, der Wasserquelle.... Wunderschön! Der Weg zurück war ganz schön anstrengend. Naja, schon Sport getrieben für heute.